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Rofecoxib

Rofecoxib (4-[4-(Methylsulfonyl)phenyl]-3-phenylfuran-2(5H)-on) ist ein neuartiger Arzneistoff (NSAID der Gruppe der selektiven COX-2-Inhibitoren (daher die Endung -coxib, vgl. Celecoxib) zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen und Schmerzen. Er wurde vom US-Pharmakonzern Merck & Co., Inc. (in Deutschland MSD) unter dem Handelsnamen Vioxx® in Verkehr gebracht.

In Deutschland war Vioxx das umsatzstärkste Produkt der Firma (mit ca. 20% des nationalen Konzernumsatzes). Auch weltweit erreichte Merck mit Vioxx die Marktführerschaft unter den Coxiben und erzielte einen Gesamtumsatz von zuletzt 2,5 Milliarden Dollar.

Am 30. September 2004 kündigte der Konzern an [1], Vioxx wegen einer neuen Langzeitstudie (APPROVe), die bisher wenig beachtete Nebenwirkungen des Medikaments als schwerwiegend eingestuft hatte, unverzüglich vom Markt zu nehmen. In dieser Studie zeigte sich nach 18 Monaten eine nahezu verdoppelte Rate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen (insbesondere Herzinfarkte, instabile Angina pectoris und Schlaganfälle) im Vergleich zu einer Behandlung mit Placebo. Die Studie musste aus diesem Grund vorzeitig abgebrochen werden. Es drohen nun sogar Prozessforderungen gegen den Hersteller. Interessant ist, dass die Firma MSD zwei Wochen vor dem Rückruf von Rofecoxib in Deutschland die Zulassung für einen weiteren COX2-Hemmer (Etoricoxib, Arcoxia®) erhalten hat. Allerdings ist Etoricoxib in z. B. Großbritannien seit 2002 zugelassen.

Vioxx wurde zur Behandlung von Arthrose, Osteoarthritis, rheumatoider Arthritis, akuten Schmerzen bei Erwachsenen und bei Primärer Dysmenorrhoe angewendet. Noch Anfang September 2004 hatte die US-Gesundheitsbehörde FDA die Zulassung des Medikaments auf die Behandlung von Kindern ab zwei Jahren erweitert.

Insgesamt stellt sich die Frage, ob diese Nebenwirkung alle Coxibe betrifft oder ob es ein Moleküleffekt ist. Das Risiko, an einer Magenblutung unter Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Indometacin zu versterben, ist nach behördenkontrollierten Zulassungsstudien und Expertenmeinung wesentlich höher als das möglicherweise jetzt herausgefundene kardiovaskuläre Risiko von Coxiben (ca. Faktor 10). Diese Angaben werden von Publikationen wie dem Arznei-Telegramm angezweifelt. Allerdings gibt es zu den klassischen NSAR derzeit keine veröffentlichten Langzeitstudien (über 15-18 Monate) zum kardiovaskulären Risiko. Epidemologische Untersuchungen sprechen eine deutliche Sprache bezüglich hoch dosierter alter NSAR (Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Indometacin) ohne Magenschutz: von ca. 1200 Patienten stirbt einer wegen ursächlicher Nebenwirkungen der oben genannten Substanzen. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) rät jedenfalls derzeit zur nur eingeschränkter Anwendung von Coxiben (s.a. Linkliste).

CAVE: Die Magen/Darm-Problematik der alten NSAR wird häufig von der Presse und auch von Fachkreisen ausgeblendet. Nach Studienlage bieten Protonenpumpenhemmer (Pantoprazol, Omeprazol, Esomeprazol, Lansoprazol) nur einen wirksamen Schutz für den Magen vor deren Nebenwirkungen, jedoch nicht für den unteren Gastrointestinaltrakt (Duodenum, Darm).

Nach der Marktrücknahme von Vioxx ist der ausgewiesene Quartalsgewinn von Merck um 29 Prozent eingebrochen. Im dritten Jahresquartal 2004 betrug der Überschuss nur 1,33 Milliarden Dollar gegenüber 1,86 Milliarden Dollar im Vorjahreszeitraum, wie der Konzern am 21. Oktober 2004 veröffentlichte.

Literatur

  • Bombardier C, Laine L, Reicin A, Shapiro D, Burgos-Vargas R, Davis B, Day R, Ferraz MB, Hawkey CJ, Hochberg MC, Kvien TK, Schnitzer TJ, VIGOR Study Group. (2000). Comparison of upper gastrointestinal toxicity of rofecoxib and naproxen in patients with rheumatoid arthritis. VIGOR Study Group. New England Journal of Medicine. 343 (21), 1520-8.

Weblinks