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Schlaganfall

Ein Artikel zur Ersten Hilfe des Schlaganfalles befindet sich unter Schlaganfall (Erste Hilfe)


Der Schlaganfall (veraltet auch Schlagfluss, weitere Bezeichnungen sind Apoplex oder apoplektischer Insult) bezeichnet einen neurologischen Notfall, bei dem es aus unterschiedlichen Ursachen zu einem plötzlichen ("schlagartigen") Funktionsverlust von Teilen des Gehirns kommt.

Terminologie und Definition

Die Terminologie des Schlaganfalls ist recht vielschichtig und wird uneinheitlich benutzt. Synonym zum Begriff Schlaganfall werden Apoplex, apoplektischer Insult und auch die angloamerikanischen Termini Stroke und Cerebrovascular accident (CVA) benutzt (HACHINSKI UND NORRIS, 1985; MOHR UND BARNETT, 1986). Diese Bezeichnungen tragen dem Faktum Rechnung, dass es klinisch oft nicht sicher ist, welche Ätiologie und Pathogenese dem akuten Ereignis zu Grunde liegen. Die Begriffe schließen Durchblutungsstörungen (siehe Ischämie) unterschiedlicher Genese, aber auch intracerebrale und Subarachnoidalblutungen (SAB), Sinusthrombose und andere Krankheitsbilder ein, die oft durch eine relativ unspezifische, plötzlich auftretende Symptomatik mit Bewusstseinsstörungen, motorischen Lähmungen (vor allem Hemiplegie) und Sprachstörungen (u.a. Aphasie) gekennzeichnet sind. Mit Hilfe bildgebender Verfahren - im Notfall insbesondere der CT-Untersuchung des Gehirns (cCT) - kann und muss die klinische Diagnose Schlaganfall präzisiert werden.

Vorkommen und Häufigkeit

Der Schlaganfall ist in Deutschland nach ischämischen Herzerkrankungen und bösartigen Neubildungen die dritthäufigste Todesursache. Untersuchungen zur Epidemiologie des Schlaganfalls geben Inzidenzzahlen um 122/100.000 Einwohner in einer australischen Population (SHAH UND COOPER, 1995), 145/100.000 für Minnesota (USA) 1985-89 (BROWN ET AL., 1996) und 88/100.000 Einwohner nach dem Ostdeutschen Schlaganfallregister 1972-1988 (EISENBLÄTTER ET AL., 1995) an. Schätzungen der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe gehen für die Bundesrepublik Deutschland von rund 200.000 Erstereignissen pro Jahr aus.

Ursachen

Es lassen sich im Wesentlichen zwei Hauptursachen und Formen des Schlaganfalls ausmachen, die allerdings weiter differenziert werden.

Hirninfarkt

Der primär ischämische Schlaganfall (Hirninsult, Hirninfarkt) ist Folge einer plötzlichen Durchblutungsstörung des Gehirns, bei der es durch eine Minderversorgung mit Sauerstoff zu einem Absterben von Nervenzellen im Gehirn kommt. Die betroffenen Hirnregionen fallen aus. Der ischämische Schlaganfall macht ca. 85% der Schlaganfälle aus (BROWN ET AL., 1996).

Hirnblutung

Der primäre hämorrhagische Insult ist durch die Ruptur eines Blutgefäßes oder eines Aneurysmas im Gehirn in ca. 15% der Fälle Ursache eines Schlaganfalles. Die Sterblichkeit (Letalität) ist bei dieser Erkrankung rund 50%.

Der Hirninfarkt

Bei einem Hirninfarkt wird ein Teil des Gehirns mit Blut unterversorgt, das betroffene Gewebe stirbt ab. Dies geschieht meist, weil sich ein Blutgerinnsel (Thrombus) löst, mit dem Blutfluss ins Gehirn gespült wird und dort ein Gefäß verschließt.

Risikofaktoren des Hirninfarktes

Die Risikofaktoren für den Schlaganfall sind im Wesentlichen:
  • Bluthochdruck (Hypertonus)
  • Rauchen
  • Fettstoffwechselstörungen (u.a. Hypercholesterinämie)
  • Übergewicht (Adipositas)
  • Verengungen oder Verschluss einer oder beider Halsschlagadern (Karotisstenose)
  • Verengung oder Verschlüsse von Hirnarterien
  • Herzrhythmusstörungen
  • Gerinnungsstörungen (auch genetisch bedingte)
  • Antibabypille (ist nie alleiniger Auslöser, in Kombination mit z.B. dem Rauchen bekannter Auslöser für verschiedene thromboembolische Erkrankungen)

Wird schnell gehandelt, und sprechen keine anderen Risikofaktoren wie hohes Alter oder schwerwiegende Vorerkrankungen dagegen, kann innerhalb von drei Stunden versucht werden, diesen Thrombus aufzulösen (Lyse-Therapie), um das Hirngebiet, das von diesem Gefäß versorgt wird, wieder zu durchbluten und die Symptome zu mindern.

Da hierbei die Blutgerinnung insgesamt für Stunden stark herabgesetzt wird, besteht die Gefahr für den betroffenen Patienten, Blut nach außen (durch zum Beispiel zuvor nicht erkannte Sturzverletzungen) oder, noch eher, in innere Organe (im schlimmsten Fall in das geschädigte Hirnareal) zu verlieren. Ziel der Stroke Unit ist es hier, die Kreislaufsituation des Betroffenen in engen Intervallen zu beobachten und zu stabilisieren, und eine Änderung der Symptomatik frühzeitig zu erkennen.

Nach einem Hirninfarkt gibt es vor allem drei Ansätze, um eine erneute Unterversorgung des Gehirns zu vermeiden:

  • Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung werden angesetzt.
  • Ein leichter Bluthochdruck ist, vor allem bei einer bekannten Verengung der Halsgefäße, erwünscht.
  • Rasch wird begonnen, den Patienten in seinen erhaltenen Fähigkeiten zu fördern.

Die Hirnblutung

Bei einer Hirnblutung hingegen ist ein Gefäß innerhalb des Gehirns verletzt, Blut tritt in umliegendes Gewebe ein. Zum einen ist dadurch die Blutversorgung der nachfolgenden Hirnareale unterbrochen, zum anderen führt die Blutung zu einer Erhöhung des Hirndrucks und damit zu einer Minderperfusion des gesamten Gehirns.

Arten der Hirnblutung

Nach der Lokalisation teilt man ein:

  • Subarachnoidalblutung (SAB)
  • Epidurales Hämatom
  • Subdurales Hämatom
  • parenchymatöse Einblutung (Einblutung in das Hirngewebe)

siehe auch Amyloidangiopathie

Ursachen

Ursachen für eine Hirnblutung können zum Beispiel Gefäßdissektionen, Gerinnungsstörungen (auch genetisch oder medikamentös bedingt, beispielsweise Falithrompatient), offene oder geschlossene Schädel-Hirn-Traumen, Hypertonie, koronare Herzkrankheit, bestimmte Medikamente (Marcumar, Sintrom, Falithrom) und Drogen sein. Hirnblutungen kommen gehäuft bei Alkoholikern vor.

Therapie

Eine Lyse-Therapie ist hier nicht möglich. Je nach Ausdehnung, Lokalisation, Zustand des Patienten und Ressourcen eines neurochirurgischen Zentrums kann die Blutung mit operativen Maßnahmen zum Stillstand gebracht werden, seit einigen Jahren auch mit sog. minimalinvasiven Operationsstechniken (Druckentlastung durch Trepanation).

Ist eine Operation nicht möglich, kommen folgende Maßnahmen zum Einsatz:

  • Blutgerinnungshemmende Medikamente werden abgesetzt.
  • Ein eventueller Bluthochdruck wird medikamentös gesenkt.
  • Patienten haben zur eigenen Schonung strenge Bettruhe zu halten.

Symptome des Schlaganfalls

Die Symptome sind von der betroffenen Hirnregion abhängig, aber im Wesentlichen unspezifisch. Im Einzelnen können beobachtet werden:

  • Plötzlich auftretende sehr heftige Kopfschmerzen als Hinweis auf eine Hirnblutung.
  • Bewusstseinstrübung bis hin zur Bewusstlosigkeit.
  • Plötzliche Schwäche oder Gefühlsstörungen einer Körperseite.
  • Halbseitige Lähmungen (Hemiparese) von Extremitäten oder des Gesichtes (hängender Mundwinkel bei Facialisparese).
  • Verlust der Sprechfähigkeit oder Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen (Aphasie).
  • Eine plötzliche Sehstörung, vor allem, wenn sie nur auf einem Auge auftritt.
  • Wahrnehmungsstörungen (Neglect)
  • Plötzlich einsetzender Schwindel mit Gangunsicherheit.
Diese Liste gibt nur die häufigsten Symptome wieder und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Diagnostik

Die Primärdiagnostik nach Aufnahme im Krankenhaus besteht in der körperlichen und neurologischen Untersuchung, die durch eine Computertomographie des Schädels (CCT) ergänzt werden sollte. Nur so kann das Vorliegen eines ischämischen Schlaganfalles von einer Hirnblutung oder auch anderen Erkrankungen wie zum Beispiel einem epileptischen Anfall oder einem Hirntumor unterschieden werden. Weitere Untersuchungen sind nötig, um die Ursachen des Schlaganfalles weiter einzugrenzen (zum Beispiel EKG zur Erkennung von Herzrhythmusstörungen oder Dopplersonografie oder Angiografie zur Darstellung verengter Gefäße.

Behandlung

Die Behandlung von Herzrhythmusstörungen, erhöhtem Blutdruck und anderen Risikofaktoren muss als Prophylaxe im Vordergrund stehen.

Akutbehandlung

Bei aufgetretener Erkrankung erfolgt die Behandlung im Wesentlichen nach der Ursache. Werden die Symptome früh erkannt und rechtzeitig behandelt, so lässt sich der Schaden am Hirn möglicherweise begrenzen. Im Vordergrund steht zuerst die Stabilisierung des Patienten. Wichtige Aspekte der Akutbehandlung sind:
  • Verhinderung/Behandlung eines Hirnödems
  • Behandlung der, dem jeweiligen Schlaganfall zu Grunde liegenden, Vorerkrankungen:

In einer amerikanischen (NINDS ? THE NATIONAL INSTITUTE OF NEUROLOGICAL DISORDERS AND STROKE 1995) und in europäischen Studien (z. B. European Cooperative Acute Stroke Study ? ECASS) (HACKE ET AL., 1995; FISHER ET AL., 1995B; HACKE ET AL., 1998) wurden die positiven Effekte einer systemischen Fibrinolyse/Lyse bei Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall gezeigt. Ernsthafte Nebenwirkungen dieser Therapie sind Hirnblutungen (intracerebrale Blutungen), so dass eine genaue Auswahl zu treffen ist, welche Patienten für die Thrombolyse geeignet sind. Eine Pilotstudie, die im Jahr 2005 im New England Journal Of Medicine erschien, weist auf einen günstigen Einfluss von Ultraschall bei Hirninfarktpatienten unter Lysetherapie hin.

In einer Studie der Universitätsklinik Göttingen konnte der positive Einfluss von Erythropoetin auf das Outcome von Patienten mit ischämischem Schlaganfall im Mediastromgebiet gezeigt werden. Diesem Effekt liegt am ehesten eine Verlangsamung der Apoptose in der Penumbra durch das Erythropoetin zu Grunde.

Bei Hirnblutungen kann mit neuroradiologischen Verfahren der Ort einer Blutung gefunden und die Blutung zum Beispiel durch Clips oder das Einbringen von kleinen Metallspiralen (sog. Coils) gestoppt werden (siehe auch Artikel zu Aneurysmen der Hirnarterien). Weiterhin kommen neurochirurgische Maßnahmen zur Druckentlastung in Betracht, wenn der Hirndruck infolge der Blutung eine Gefahr für die Abklemmung lebenswichtiger Teile des Gehirnes bedeutet.

Behandlungsverlauf und Rehabilitation

Zur Vorbeugung von Rezidiven wird bei den ischämischen Schlaganfällen oft eine medikamentöse "Verdünnung" des Blutes (Antikoagulation) angewandt. Bei Vorliegen von Verengungen der Halsgefäße sollte auch über eine operative Wiedereröffnung des Gefäßes nachgedacht werden.

Im Mittelpunkt der Nachbehandlung des Schlaganfalles steht die Wiedererlangung der Eigenmeisterung. Die Patienten müssen verloren gegangene Funktionen wieder erlernen; teilweise können andere Regionen des Gehirns die Funktionen der ausgefallenen Bereiche übernehmen. Traditionell wird mit Hilfe der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädieversucht, den Patienten zu helfen (u.a. frühestmögliche Pflege und Therapie nach dem Bobath-Konzept), weiterbehandelnde Rehabilitationskonzepte sind die Spiegel- und die Videotherapie.

Die Videotherapie spricht über die Aktivierung der Spiegelneurone das Gehirn direkter an, als die klassischen Bewegungsansätze. Dabei werden Gehirngebiete aktiv, die die Nachbargebiete zerstörter Hirnmasse anregen, die verlorengegangenen Funktionen des Gehirns zu übernehmen.

Die Mentamove-Therapie basiert auf einem mentalen Üben motorischer Fertigkeiten. Im Unterschied zur physiotherapeutischen Behandlung wird mit dem Mentamove?Gerät gegen die Ursache der Lähmung, nämlich infolge der Hirnläsion verloren gegangene Willkürfunktionen in den Extremitäten, angegangen (zentraler Therapieansatz). Hier liegt in Verbindung mit Krankengymnastik auf neurophysiologischer Grundlage der Schwerpunkt vor allem auf Tonusregulierung, Reduktion der Spastizität, Anbahnung und Wiedererlernen von Funktionen in den Extremitäten und in der Reduktion der Ataxie. Fachleute weisen darauf hin, dass der Feedback-Charakter der Mentamove-Therapie als EMG-initiierte Stimulation den Prozess des motorischen Lernens unterstützt sowie die Grundvoraussetzung zur Einleitung zentralnervöser Reorganisationsprozesse bei zentralen Läsionen darstellt.

Weitere Maßnahmen im Verlauf:

  • Verhinderung/Behandlung einer Lungenentzündung durch Aspiration (Auslöser ist meist das Einlaufen von Speichel oder Erbrochenem in die Atemwege)
  • eventuell Beginn der Behandlung einer „Post-Stroke-Depression
  • Behandlung eventuell auftretender Krampfanfälle (Epilepsie)

Stroke Unit

Eine Stroke Unit ist eine spezielle medizinische Überwachungseinheit (engl.: Unit) in der Neurologie für Patienten, die einen Schlaganfall (engl.: Stroke) erlitten haben.

Prognose

In schweren Fällen kann aus einem Schlaganfall ein Koma oder der Tod resultieren. Obwohl der Schlaganfall eine Erkrankung des Gehirnes ist, kann er den ganzen Körper betreffen. Einige der Behinderungen, die nach einem Schlaganfall erhalten bleiben wie Lähmungen, kognitive Defizite, Sprachprobleme, emotionelle Probleme aber auch Druckstellen (Dekubitus), Lungenentzündungen (Pneumonie) und Kontinenzprobleme erfordern besondere Aufmerksamkeit und Pflege. Depressionen sind nach einem Schlaganfall verständlich und nicht selten und reagieren im Allgemeinen gut auf Antidepressiva.

Literatur

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  4. Hchinski V, Norris JW. The Acute Stroke. Davis, Philadelphia 1985.
  5. THE NATIONAL INSTITUTE OF NEUROLOGICAL DISORDERS AND STROKE. rt-PA Stroke Study Group Tissue plasminogen activator for acute ischemic stroke. N Engl J Med 1995; 333:1581-7
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  8. Hacke W, Kaster M, Fieschi C, Toni D, LesaffreE E, Von Kummer R., Boysen G, Bluhmki E, Höxter G, Mahagne M-H, Hennerici M. Intra-venous thrombolysis with recombinant tPA for acute hemispheric stroke; European Co-operative Acute Stroke Study. Jama 1995; 274(13):1017-25

Siehe auch

Transitorische ischämische Attacke, PRIND, Schlaganfall (Erste Hilfe), Erste Hilfe, Neurologie

Weblinks


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