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Prosopagnosie

Prosopagnosie (v. gr.: „Prosopon”: das Gesicht und „Agnosia”: das Nichterkennen) oder Gesichtsblindheit bezeichnet die Unfähigkeit, Personen aufgrund ihres Gesichts zu erkennen.

Prosopagnosie wird in drei verschiedene Typen unterschieden:

  1. apperzeptive Prosopagnosie,
  2. assoziative (oder amnestische) Prosopagnosie und
  3. kongenitale Prosopagnosie.

Apperzeptive und assoziative Prosopagnosie sind Folgen einer beidseitigen oder rechtslateralen neuronalen Schädigung im Temporal-Okzipetallappen. Die Ursachen kongenitaler Prosopagnosie sind bisher nicht geklärt. Es wird diskutiert, ob die Störung vererbt wird.

Aus Versuchen[1] ergab sich, dass ein Areal im Okzipitallappen an der Rückseite des Gehirns offenbar die Physiognomie analysiert. Es arbeitet immer dann besonders intensiv, wenn bei Betrachtung von zwei Aufnahmen dieselbe Person gezeigt wurde, diese sich aber deutlich unterschieden. Waren auf den beiden Fotos unterschiedliche Personen zu sehen, meldete sich das fusiforme Gesichtsareal, das sich im Schläfenlappen hinter dem Ohr befindet. Dort ruft der Mensch offenbar die Identität einer Person ab. Bei Gesichtsblinden leuchtet das Areal dann auch meist nicht auf, wenn sie Personen betrachten.

Prosopagnostiker können problemlos einzelne Merkmale des Gesichts erkennen und zum Teil auch Personen anhand einzelner Gesichtsmerkmale erkennen. Andere Merkmale wie Stimme, besondere Kleidung oder Frisuren werden auch zur Erkennung von Personen benutzt. Je nach Art der Prosopagnosie können Betroffene unterschiedliche Information aus Gesichtern schließen. Apperzeptive Prosopagnostiker können nicht das Alter und Geschlecht aus dem Gesicht erschließen, auch fällt ihnen das Erkennen von Emotionen schwer. Weiterhin sind sie nicht in der Lage Gleich-Verschieden-Urteile über Gesichter zu fällen. Assoziative Prosopagnostiker können Gleich-Verschieden-Urteile fällen, das Alter und Geschlecht erkennen. Irgendwelche semantische Information (z. B. wer ist die Person oder welchen Beruf hat die Person) können sie ebensowenig wie apperzeptive Prosopagnostiker abrufen. Die Leistungen zu denen kongentiale Prosopagnositker fähig sind, sind deutlich variabler.

Prosopagnosie als Folge einer neuronalen Schädigung tritt sehr selten auf. Wieviele Menschen von kongenitaler Prosopagnosie betroffen sind, ist unklar. Erste Ergebnisse lassen jedoch die Vermutung zu, dass Prosopagnosie erblich ist und Männer wie Frauen gleichermaßen betrifft.

Menschen mit kongentialer Prosopagnosie muss nicht bewusst sein, dass sie eine Prosopagnosie haben, da diese Tatsache schwer zu glauben ist. Zum Vergleich: Ein Kind, das eine Rot-Grün-Blindheit hat, wird in den allermeisten Fällen nicht plötzlich zu der Erkenntnis kommen „Hey, es gibt bestimmte Farben, die für mich gleich aussehen, die aber von den anderen problemlos unterschieden werden.” Vielmehr wird das Kind leicht verwirrt bei der Zuordnung von Farben wirken, sehr bald aber einfach auswendig wissen, dass Erwachsene erwarten, dass es die Frage nach der Farbe des Briefkastens mit „gelb” beantwortet, dass das obere Licht einer Ampel „rot” ist usw. Wenn dennoch nahezu alle Rot-Grün-Blinden heute von dieser Blindheit wissen, so liegt das an den Vorsorgeuntersuchungen für Kinder, bei denen routinemäßig auch danach gesucht wird. Die congentiale Prosopagnosie hingegen ist selbst den meisten Ärzten völlig unbekannt. Die Symptomatik kann, wenn sie sich manifestiert, leicht mit Autismus und Asperger-Syndrom verwechselt werden. Nahezu alle Kinder mit Prosopagnosie entwickeln unbewusst Strategien, um mit der Störung umzugehen: Erkennung von Menschen an Stimme, Kleidungsgewohnheiten, Statur, Bewegung. Prosopagnostische Kinder profitieren stark von einer frühen Diagnose, da Bezugspersonen ihnen so bei der Entwicklung dieser Strategien helfen können. Eine Behandlung der congentialen Prosopagnosie selber ist nicht bekannt.

Es gibt Hinweise aus der Forschung, dass Prosopagnosie und Hochbegabung gehäuft zusammen auftreten. Möglicherweise stehen die Hirnbereiche, die eigentlich als Teil des Sehzentrums der Gesichtserkennung dienen, bei diesen Personen für die Sprachverarbeitung zur Verfügung.

siehe auch: Apraxie

Literatur

  • [1] Nature Neuroscience, Bd. 8 (2005) 107

Weblinks


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