ZwangsneuroseZwangsstörungen sind psychische Störungen, bei denen sich den Patienten Gedanken und Handlungen aufdrängen, die sie als sinnlos oder übertrieben erkennen. Obwohl bei den Zwangsstörungen auch Ängste eine Rolle spielen, zählen sie nicht zu den Angststörungen im engeren Sinne. EpidemiologieFast ein Prozent der Bevölkerung leidet an einer behandlungsbedürftigen Zwangserkrankung. Frauen scheinen etwas häufiger als Männer betroffen zu sein. Begleitend leiden viele Menschen mit Zwangsstörungen an Ängsten und Depressionen. Klinik und VerlaufDie Zwangsstörung ist durch wiederkehrende Zwangsphänomene gekennzeichnet. Dabei kann es sich um Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen handeln. Zwangsgedanken sind Ideen, Vorstellungen oder Impulse, die sich dauernd wiederholen, quälend sind und nicht durch Willensanstrengung beeinflusst werden können. Zwangshandlungen sind Stereotypien, die ständig wiederholt werden müssen. Typische Beispiele sind der Waschzwang und der Ordnungszwang. Diese zwanghaften Gedanken und Handlungen erfordern einen hohen Zeitaufwand und behindern den Alltag erheblich. Bei Zwangsgedanken geht es meistens um angstvolle Gedanken und Überzeugungen, jemandem zu schaden, in eine peinliche Situation zu kommen oder ein Unheil anzurichten. Thematisch geht es häufig um Schuld oder Verunreinigung. Zwangshandlungen bestehen dementsprechend oft aus Kontrollhandlungen oder Reinigungshandlungen. Ein Beispiel ist der Waschzwang. Zwangsstörungen können so stark ausgeprägt sein, dass eine normale Lebensführung unmöglich ist. Die Erkrankung beginnt meist im Jugend- oder frühen Erwachsenenalter vor dem 30. Lebensjahr. Die Erkrankung beginnt meist langsam zunehmend und verschlimmert sich stetig. Ohne wirksame Therapie verläuft sie zu zwei Dritteln chronisch, zu einem weiteren Drittel schubweise mit akuten Verschlechterungen unter besonderen Belastungen. UrsachenEine einzige auslösende Ursache kennt man nicht. Wahrscheinlich ist eine Kombination von Veranlagung, Hirnstoffwechselstörungen und seelischen Ursachen für das Entstehen einer Zwangsstörung verantwortlich. Nachweisbar sind z. B. Veränderungen im frontalen Cortex betroffener Patienten. Zwangsstörungen werden in der Psychologie oftmals auch als eine partielle Rückentwicklung zum kindlichen Egozentrismus angesehen. Der Zwangsgestörte hat allerdings durchaus einen krankhafteren Zustand als ein gesundes, egozentrisches Kind. So kennen viele Kinder Rituale, die ihnen Glück bescheren und Pech abwehren sollen - gelingt das Ritual, ist das Kind zufriedengestellt bis euphorisch und zuversichtlich. Erlangt man aber durch die Rituale keine seelische Sicherheit mehr und steigert man sogar immer weiter die Wiederholung des Rituals, damit der gefühlte Zustand lediglich nicht schlimmer wird, ist ein krankhafter Zustand erreicht. Die Zusammenhänge zwischen kindlichem Egozentrismus und Zwangsstörungen sind offensichtlich. Eine Person, die sich darum sorgt, dass ihre Gedanken keinem anderen Schaden mögen bzw. sich um eine Person sorgt, die um eine Ecke gebogen ist und sich deshalb den eigenen Blicken entzieht, steht dem Egozentrimus sehr nahe, der sich dadurch auszeichnet, dass nur ein zumindest partiell unvollkommenes Ich-Bewusstsein ausgeprägt wurde. Das Kind ist also nicht in der Lage zwischen Ich und Welt sauber zu trennen. DiagnoseGemäß ICD-10, Code F42, gelten folgende diagnostischen Leitlinien:
Differentialdiagnose
TherapieMit der Verhaltenstherapie steht mittlerweile ein effektives psychotherapeutisches Behandlungsverfahren zur Verfügung. Andere Psychotherapieformen sind bei dieser Erkrankung nicht so wirksam und eine frühe effektive verhaltenstherapeutische Behandlung sollte nicht verzögert werden, weil eine Behandlung zu Beginn der Störung erfolgsversprechender ist. Bei der Verhaltenstherapie von Zwangsstörung wird das Verfahren der Reizexposition (cue exposure) mit Reaktionsverhinderung eingesetzt. Dieses Verfahren besteht aus zwei Komponenten: 1. Die Klienten müssen sich den Faktoren aussetzen, die normalerweise Zwangsgedanken bei ihnen auslösen. 2. Sie müssen dies unter Bedingungen tun, die sie daran hindern, auf diese Zwangsgedanken mit der Durchführung der entsprechenden Zwangshandlung zu reagieren. Die Kognitive Verhaltenstherapie stellt darüber hinaus die Zwangsgedanken infrage, diskutiert automatische negative Gedanken, die durch die Zwangsgedanken ausgelöst werden, und arbeitet mit der Technik des Gedankenstopps. Auch eine medikamentöse Behandlung ist, ergänzend zur Psychotherapie, empfehlenswert. Dabei werden insbesondere sog. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), wie z. B. Fluoxetin, eingesetzt. Bei optimaler Therapie ist eine Besserung der Beschwerden und des Verlaufs in über 50% der Fälle zu erwarten. Eine vollständige Heilung ist nur selten zu erreichen, eine Linderung der Beschwerden ist jedoch fast immer möglich. Weblinks
Literatur
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