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Nativismus

Die Bezeichnung Nativismus (v. lat. nasci geboren werden; nativus angeboren, natürlich) wird in der Politik und in der Psychologie in unterschiedlicher Bedeutungen verwendet.

Der politische Nativismus

Der Nativismus kämpft um die Rechte der in einem Lande geboren nationalen Mehrheit gegenüber den Zustrom Fremder beziehungsweise den Ansprüchen einer fremden Minderheit.

Der Begriff stammt aus der Ethnologie, Kulturanthropologie und der Religionssoziologie. Ralph Linton definierte 1943 erstmals nativistisch als Eingeborenen-Bewegungen mit mehr oder weniger starkem Selbstständigkeitsinteresse. "Jeder bewusste, organisierte Versuch von Angehörigen einer Gesellschaft, ausgewählte Aspekte ihrer Kultur wiederzubeleben oder fortzuführen."

Der amerikanische Nativismus

Der amerikanische Nativismus entstand als Reaktion auf das enorme Anwachsen der Einwanderungen zwischen 1846 und 1854, als ungefähr 3 Millionen Europäer in die Vereinigten Staaten kamen. Diese Bewegung sicherte den in Amerika geborenen Weißen eine bessere Behandlung zu als den Einwanderern. 1849 wurde ein nativistischer Geheimbund, der Order of the Star Spangled Banner, als Reaktion auf die als Bedrohung empfundenen Immigranten gegründet. An die Öffentlichkeit traten die Nativisten 1854 mit der Gründung der anti-irisch-katholischen Amerikanischen Partei, und forderten eine gesetzliche Verlängerung der Fristen für Einwanderung und Einbürgerung.

Diese Form des Nationalismus trat häufig auf im Verein mit Xenophobie, Antikatholizismus (Antipapismus) und dem Gedankengut der weißen angelsächsischen protestantischen Oberschicht. Sie wurde Mitauslöser einiger antikatholischer Ausschreitungen Ende des 18. Jahrhunderts, einschließlich der nativistischen Unruhen in Philadelphia.

Antikolonialer Nativismus

Nativismus ist als reaktive Bewegung auf den Einfluss der Kolonisation zu verstehen; es gehen Unterdrückung, Benachteiligung, Frustration und Fremdeinfluss voraus. Solche Strömungen können auch mit Bewegungen religiöser Heilserwartungen zusammenfallen, die heute als Heilsbewegung und Erneuerungsbewegung bezeichnet werden.

Häufig sind nativistische Bewegungen Kern einer politischen, nationalen Befreiungsfront. In ehemaligen Kolonien zielen sie auf die Wiederherstellung alter Sitten und Bräuche, die von Kolonialmächten und der Mission unterdrückt wurden.

Daher kann Nativismus auch als Vorläufer des Nationalismus verstanden werden, und kann auch mit Ethnozentrismus verglichen werden.

Der psychologische Nativismus

In der Psychologie versteht man unter Nativismus die Ansicht, bestimmte Begabungen oder Fähigkeiten seien angeboren oder von Geburt an im Gehirn fest verankert. Diese Auffassung steht im Gegensatz zur Theorie der „Tabula rasa”, die davon ausgeht, das Gehirn habe nur wenige angeborene Fähigkeiten und erlerne fast alles durch Interaktion mit der Umwelt.

Diese Auffassung des Nativismus steht in engem Bezug zum Werk von Jerry Fodor, Noam Chomsky und Steven Pinker, die davon ausgehen, dass wir mit bestimmten kognitiven Modellen geboren werden (speziellen genetisch übernommenen psychischen Begabungen), die uns erlauben, bestimmte Fähigkeiten zu erlernen und zu erwerben (wie die Sprache). Ohne diesen genetisch vorgegebenen Entwicklungsbeitrag würden viele dieser Fähigkeiten erheblich behindert werden

(Siehe das Beispiel Universalgrammatik).