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Innere Kündigung

Die innere Kündigung als Begriff der Arbeitswelt meint eine Distanzierung von der beruflichen Pflichterfüllung und eine Minimierung des Arbeitseinsatzes (Dienst nach Vorschrift) bis hin zu einem gerade noch vertretbaren Ausmaß. Extremformen können das " Übersehen" oder Verweigern von Arbeitsanweisungen sein (Verweis auf die Bestimmungen des Arbeitsvertrages).

In öffentlichen Verwaltungen betrifft dieses Phänomen zwischen 20 und 30% der Mitarbeiter. Der Begriff wird im Sinne einer Distanzierung oder gar Verweigerung inzwischen auch auf das Verhalten von Schülern, Lebenspartnern oder Bürgern, die z.B. nicht mehr an Wahlen teilnehmen ("die da oben machen ja eh', was sie wollen"), übertragen.

Ursachen der inneren Kündigung

Auslöser dieses bewussten wie unbewussten Prozesses können sein:

  • dass sich berufliche Erwartungen nicht erfüllen (Übergangen-Werden bei Beförderungen, fehlende Anerkennung, mangelnde Aufstiegschancen, schlechte Bezahlung);
  • dass die Tätigkeit als nicht erfüllend erlebt wird (Erstarren in Routinen);
  • Auseinandersetzungen mit Vorgesetzten, in denen sich der Betroffene als Verlierer erlebt;
  • Auseinandersetzungen mit Kollegen (Mobbing);
  • das Modell der inneren Kündigung bei anderen Mitarbeitern ("wenn die das nicht machen, mache ich das auch nicht");
  • Wandlungsprozesse in Organisationen oder im Arbeitsprofil, die nicht akzeptiert werden können oder als Gefährdung des bisherigen Berufslebens erlebt werden;
  • Unzufriedenheit des Arbeitnehmers, die ihre Wurzeln auch in einer Fehleinschätzung der eigenen Person und Leistungsfähigkeit haben kann;
  • bewusste Distanzierung von der beruflichen Tätigkeit und Schwerpunktsetzung auf das Familien- und Freizeitleben (Arbeit als notwendiges Übel zum Geldverdienen);
  • charakteristisches Phänomen in der Phase des Übergangs in den Ruhestand.

Eine wirkliche Kündigung der Arbeitsstelle wird deshalb nicht erwogen, da keine vergleichbare oder bessere Stellung in Aussicht steht, vielmehr Einbußen oder sogar Arbeitslosigkeit in Kauf genommen werden müssten.

Charakteristische Kennzeichen

Von innerer Kündigung Betroffene können die folgenden Charakteristika aufweisen:

  • überhäufiges krankheitsbedingtes Fehlen am Arbeitsplatz, besonders aufgrund von Bagatellerkrankungen;
  • sarkastische Kommentare der beruflichen Situation und Perspektive, Klagen und Jammern;
  • mangelnde Eigeninitiative, Rückzug, kein Einbringen neuer Ideen;
  • Zurückfahren des dienstlichen Einsatzes auf ein unabdingbares Mindestmaß ("Dienst nach Vorschrift");
  • Passivität, Wegträumen, "Absitzen" während des Arbeitstages;
  • Desinteresse an beruflichen Fortbildungen, keine Planungen beruflicher Weiterentwicklung;
  • Durchsetzen des Arbeitsalltages mit privaten Interessen.

Interventionsmöglichkeiten

Die innere Kündigung von Arbeitnehmern zieht hohe Folgekosten für den betroffenen Betrieb oder die betroffene Organisation nach sich. Letztlich sinkt die Produktivität in einem Maße, dass durch den Mitarbeiter nicht mehr das erwirtschaftet wird, was er kostet. Interventionsmöglichkeiten seitens der dienstlichen Vorgesetzten sind:

  • häufige informelle Kontakte und Gespräche;
  • Offenheit im Umgang;
  • bewusste und deutliche Würdigung des Geleisteten;
  • Übertragung neuer, anspruchvollerer Aufgabenbereiche;
  • Aufgabenstellungen, in denen eine verantwortungsvolle Kooperation mit anderen Mitarbeitern gefordert ist;
  • Stärkung eines Wir-Gefühls, Verdeutlichung gemeinsamer Ziele.

Siehe auch: Innere Emigration

Literatur

  • Reinhard Höhn: Die innere Kündigung in der öffentlichen Verwaltung. Ursachen - Folgen - Gegenmaßnahmen. Stuttgart / München 1989.
  • Wolfgang Pippke: Innere Kündigung. In: Peter Heinrich, Jochen Schulz zur Wiesch (Hrsg.): Wörterbuch zur Mikropolitik. Leske & Budrich , Opladen 1998, S. 114-115.